Schlechte Note für Brücke am Vorwerk
17.03.2016
<cdl> Auf der letzten Bauausschusssitzung informierte Diplom-Ingenieur Thomas Schmidt von der Stendaler Brücken- und Verkehrsanlagenplanungs- GmbH (SBV) über eine Sonderprüfung der Brücke am Vorwerk in der Gemarkung Körbelitz.
Die Darstellung der Sonderprüfung Bahnbrücke Vorwerk begann Schmidt mit allgemeinen Informationen zu Brückenbauwerken in Kommunen. Hierbei erläuterte er zunächst, dass diese einem Prüfungsrhythmus unterliegen, um das Minimum an Verkehrssicherungspflicht einzuhalten. Diese Zwischen- und Hauptprüfungen, alle drei beziehungsweise sechs Jahre, sind augenscheinliche Prüfungen und beziehen sich auf den Bauzustand der von außen wahrnehmbar ist. Speziell auf die Brücke am Vorwerk, in der Gemarkung Körbelitz bezogen erklärte Schmidt: „Die Sonderprüfung hätte die schlechteste Benotung ergeben, die für ein Brückenbauwerk vergeben werden kann.“ Die Brücke selbst, die aus zwei Teilen besteht, sei um 1910 ersterrichtet und in der Deutschen Demokratischen Republik erweitert worden, so Schmidt. Die nun erfolgte Sonderprüfung, die Schmidt im Auftrag der Gemeinde durchführte resultierte aus der Erkenntnis, dass für die alte Brücke am Vorwerk weder in der Gemeinde, noch im Kreis Unterlagen vorhanden sind. Es fand sozusagen eine Erstbegutachtung statt. Dabei flossen die Statik, also die Tragfähigkeit des Brückenbauwerkes, die Dauerhaftigkeit, also die festgestellten Beschädigungen am Brückenbauwerk und die Sicherheitsvorkehrungen, wie Geländer und Absperrungen, in die Gesamtbenotung ein.
Diese Benotung benannte Schmidt mit einer 4.0, was die schlechteste Benotung für Brückenbauwerke darstellt und gravierende Sicherheitsmängel anzeigt. Die Brücke sei bei einer solchen Benotung, laut Schmidt, sofort zu sperren. Das hatte das Bauordnungsamt bereits Wochen zuvor angeordnet und durch installierte Poller umgesetzt. Als in der Gemeindeverwaltung bekannt wurde, dass sich die Brücke am Vorwerk in Gemeindeeigentum befindet, veranlasste der Ordnungsamtsleiter Hartmut Dehne eine Inaugenscheinnahme der Brücke durch Mitarbeiter des Bauordnungsamtes, was letztendlich zur sofortigen Sperrung der Brücke für Fahrzeuge führte. Die Risse im Brückenkörper, die Schmidt benannte, fehlende Absperrsicherungen gegen die Stromtrasse der Bahn und weitere Mängel sind nicht mehr durch eine Sanierung zu beheben. Zudem verfügt die Brücke über einen Zwischenpfeiler was, nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz, nicht erlaubt ist. Schon allein deshalb müsse über einen Abriss nachgedacht werden, betonte Schmidt gegenüber den Bauausschussmitgliedern. „Es muss etwas getan werden, so viel steht fest. Die Frage ist nur: was tun wir?“, formulierte es der Brückenbauspezialist und macht gleich darauf klar: „Ohne die Bahn läuft nichts.“ Normalerweise hätte die Bahn schon längst auf die Erhaltung und den Zwischenpfeiler hinweisen müssen, dies tat sie aber bisher nicht, konstatierte der Brückenbaufachmann und sah darin auch eine Chance für die Gemeinde. Da eine Sanierung unmöglich ist und deshalb nur ein Abriss oder ein Neubau als Optionen offen stehen, muss die Gemeinde die Bahn nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz an den finanziellen Kosten beteiligen.
Hier spielt der Zwischenpfeiler eine entscheidende Rolle. Der Abstand der Gleise zum Pfeiler ist laut Schmidt viel zu gering. Deshalb hätte die Bahn schon selbst an die Gemeinde herantreten müssen. Mit dem Abriss der Brücke ist es aber nicht getan. Ohne Neubau müsste auch der Burgenser Weg entwidmet werden. Da gilt es abzuwägen. Schmidt aber sah auch einen Ausweg. „Wenn die Zusammenhänge bekannt sind, dann kann die Bahn besser eingespannt werden.“ Die Kosten für einen Neubau sind laut dem Gutachter auch davon abhängig, ob es ein Ersatzbau wird, oder ob Verbesserungen beispielsweise in der Traglast und Breite vorgenommen werden. Den 1:1 Ersatzbau müsste finanziell die Bahn allein tragen, da auch sie für ihre Verkehrsschienenwege eine Verkehrssicherungspflicht besitzt. Alle Mehrkosten müssten durch die Gemeinde getragen werden, hierzu zählten vor allem die Baunebenleistungen, die über zehn Prozent der Bausumme hinausgehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Gemeinde die Kosten ersetzt bekommt, schätzt Schmidt aber als hoch ein. Mit einer Kreuzungsvereinbarung zwischen Bahn und Gemeinde wäre dies machbar. Dennoch wird die Gemeinde den Abriss und den Neubau der Brücke allein organisieren müssen, auch das machte Schmidt klar, der einen weiteren wichtigen Punkt zur Sprache brachte. „Rechnen sie mit etwa fünf Jahren für die Realisierung eines Neubaus“, schob er ein und ergänzte: „Die Sperrzeiten für Bahnlinien werden schon jetzt drei Jahre im Voraus geplant und vergeben. Ich rate dazu, die Sache nicht lange liegen zu lassen.“