Kritik am Gemeinderat bei Jahreshauptversammlung
01.03.2016
<cdl> Auf der Jahreshauptversammlung der Ortsfeuerwehr Körbelitz gab es neben Statistischem auch herbe Kritik an der Politik des Gemeinderates.
Als der Ortswehrleiter Guido Steffen die Jahreshauptversammlung eröffnete, da musste er zum ersten Mal das Fehlen der Jugendwartin Annett Klug entschuldigen. An ihrer Stelle übernahm Michael Klug, der den Bericht zu den Aktivitäten der Jugendfeuerwehren im Jahr 2015 verlas.
Als Gäste waren neben dem Gemeindewehrleiter Dirk Jeitner auch der stellvertretende Gemeindebürgermeister Hartmut Dehne, die für das Feuerwehrwesen zuständige Sachbearbeiterin in der Gemeinde, Nadine Lück, sowie der Vorsitzende des Kreisfeuerwehrverbandes Mario Strübing anwesend.
Jugendfeuerwehr - Stütze für die Zukunft
Ein Mix aus Spaß, Arbeit und Ausbildung, so bezeichnete Michael Klug die letzten zwölf Monate für den Nachwuchs. Zwölf Jungen und vier Mädchen hätten dabei an vielen Feuerwehrwettbewerben teilgenommen und zugleich das kulturelle Leben im Dorf unterstützt. So nahm die Jugendfeuerwehr Körbelitz am Frühlingsmarsch in Gerwisch, am Jugendfeuerwehrkreisausscheid in Biederitz, am Herbstmarsch im eigenen Ort, sowie an einer Brockenrally des Landesjugendfeuerwehrverbandes und einem Fußballturnier teil. Neue Erfahrungen und Eindrücke sammelten die Floriansjünger beim Tag der offenen Tür in der Clausewitz-Kaserne Burg und bei einer Tagesausbildung mit anderen Jugendorganisationen. Spaß hatten sie beim Gemeindejugendfeuerwehrzeltlager, sowie einem weiteren einwöchigen Zeltlager. Im Ort halfen sie beim Erntedankfest und beim Aufstellen des Weihnachtsbaumes mit.
Bericht der Wehrleitung
Seinen Jahresbericht begann der Ortswehrleiter Guido Steffen mit einem Dank an die Kamerad*innen und deren Angehörigen. „Es war ein tolles Jahr, in dem ich selten da war“, räumte er anschließend ein. Dann kam er zum Statistischen. Über 26 aktive Einsatzkräfte verfügt die Ortsfeuerwehr Körbelitz momentan. „Bei 450 Einwohner*innen ist das ein guter Schnitt, das muss uns erstmal einer nachmachen“, so Steffen, der anfügte: „Bei den Mitgliederzahlen stehen wir in der Gemeindefeuerwehr auf Platz drei. Mit 16 Jugendfeuerwehrmitgliedern und 23 Mitgliedern in der Alter- und Ehrenabteilung kommt die Ortsfeuerwehr Körbelitz damit auf 65 Mitglieder insgesamt.“
Steffen, der selbstkritisch auf das vergangene Jahr schaute, entschuldigte sich bei allen Mitgliedern seiner Wehr, dass verabsäumt wurde, das 120-Jährige Bestehen der Wehr im vergangenen Jahr zu feiern. Nach längeren Gesprächen mit den Alterskameraden sei ihm dies bewusst geworden. So versprach er: „Die Feier wird nachgeholt, darauf könnt ihr mich festnageln.“
Bei Einsätzen, Ausbildungen und kulturellen Veranstaltungen leisteten die Körbelitzer Blauröcke 1574 Stunden, im Jahr 2015. Dabei wurden, so Steffen nicht mehr alle Stunden erfasst. Mit acht Einsätzen erfuhr die Einsatzstatistik eine deutliche Steigerung zum Vorjahr. „Dies wird sich auch wegen der neuen Ausrückeordnung und der Spezialisierung der Ortsfeuerwehr fortsetzen“, so Steffen. Lobend erwähnte er, dass die Ortsfeuerwehr im letzten Jahr zwei neue Gruppenführer dazugewonnen hat. Kritik äußerte er wiederum an der Unpünktlichkeit seiner Kameradinnen und Kameraden bei den angesetzten Standortausbildungen. Auch die Teilnahme sei sehr durchwachsen, bei einigen sei die Grenze der Duldung erreicht. Erfreut zeigte sich der Ortswehrleiter über den einsatzfähigen Kochtrupp, der bereits seine Feuertaufe bestanden habe und sich mittlerweile durch die Gemeinde koche.
Mit dem Thema Feuerwehr und Ortschaft machte Steffen weiter. „Dorf und Feuerwehr gehören zusammen, ohne die Feuerwehr wäre die Dorfidentität längst nicht mehr vorhanden. Wir sind das Dorf“, verkündete Steffen, der anmerkte: „Hut ab vor eurem Engagement.“
Der Ausblick auf Zukünftiges verriet den Ortsfeuerwehrmitgliedern dann bewegte Zeiten. Der Aus- und Umbau des Feuerwehrgerätehauses, das bei seiner Errichtung nie so groß geplant war, wie es jetzt sein müsste, steht an. Die Erweiterung ist notwendig, so Steffen, weil nur zwei Stellplätze zur Verfügung stehen und die Einsatzkräfte sich zwischen den Fahrzeugen umziehen müssten. Schon jetzt bestünde die Fahrzeughalle bei einem Alarm aus nur einem einzigen Menschenknäul.
Kritik an Politik des Gemeinderates
Obwohl die Ortsfeuerwehr bei der Ausrüstung gut aufgestellt ist und sich Guido Steffen bei der Verwaltung für die Anschaffung der neuen persönlichen Schutzausrüstung bedankte, richtete er auch scharfe Kritik an den Gemeinderat. „Ich fordere den Gemeinderat auf, sich am Riemen zu reißen. Die Feuerwehr war schon immer da und hat auch schon immer Geld gekostet. Sie kostet aber nur solange, bis etwas passiert. Wir fordern gute Ausrüstung für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger ein. Der Gemeinderat aber ist immer nur am Meckern. Wenn kein Geld für die Ausstattung der Feuerwehren vorhanden ist, dann soll der Gemeinderat geschlossen beim Land oder Landkreis vorstellig werden. Wir machen das hier alle freiwillig und nehmen nichts dafür. Ich fordere den Gemeinderat deshalb auf, die Feuerwehr finanziell auszustatten wie bisher“, so Steffen, der dafür Applaus von seinen Kameradinnen und Kameraden erhielt. Doch Steffen war noch nicht fertig. „Ich habe mal nachgelesen, die erste Feuerwehr wurde 1686 gegründet. Die erste Feuerwehr in Deutschland 1848. Da war noch lange keine Rede von Verwaltungen und Räten. Aber den Quark jetzt werden wir auch noch überleben: Ja wir schaffen das!“ Dabei blieb es aber nicht. Später machte Steffen noch darauf aufmerksam, dass die privaten Fahrzeuge in Deutschland im Schnitt 8,8 Jahre alt sind. Die Einsatzfahrzeuge in der Gemeinde aber 21 Jahre. Mittlerweile, so Steffen, seien die Fahrer jünger als die Fahrzeuge. „Wie lange will der Gemeinderat dieses Spiel nach treiben“, fragte er.
Die Krux der Doppelfunktion
Schon eingangs hatte Steffen angedeutet, dass er im vergangenen Jahr in der eigenen Wehr kaum zugegen war. Dies leitete Steffen aus der Doppelfunktion als Ortswehrleiter und stellvertretender Gemeindewehrleiter ab. Zudem gäbe es, laut Steffen, immer öfter Interessenskonflikte, die er erkannt habe und nicht weiter tragen möchte. Deshalb, so habe er sich mit dem bisherigen stellvertretenden Ortswehrleiter abgesprochen, werde Steffen zur nächsten Wahl nicht mehr als Ortswehrleiter antreten. Stattdessen schlug er einen Ämtertausch zwischen ihm und seinem bisherigen Ortswehrleiter vor.
Rückendeckung vom stellvertretenden Gemeindebürgermeister
Hartmut Dehne, der in Funktion des stellvertretenden Gemeindebürgermeisters, Grußworte übermittelte, begann damit, dass er Steffen riet, den Spruch „Wir sind das Dorf“, schützen zu lassen, denn „Wir sind das Volk“, würde ja heute auch oft missbraucht. Dieser Spruch wäre aber, so Dehne nicht der Beste gewesen. Viel besser fand Dehne, die deutlichen Worte in Richtung Gemeinderat. „Ich bin froh darüber, dass diese Worte gefunden wurden. Wir sind in einer Situation, wo viele meinen: Wir haben genug getan. Dabei kann bei Menschenrettung nie genug getan werden“, verteidigte Dehne den Ortswehrleiter. Dehne zeigte sich zudem verwundert darüber, dass die Feuerwehren noch immer so ruhig sind bei alle dem was notwendig ist, sie aber nicht bekommen. Den Aus- und Anbau des Feuerwehrgerätehauses in Körbelitz bezeichnete Dehne als nicht ausreichend. Die kontinuierliche Ersatzbeschaffung, auch neuer Fahrzeugtechnik, sei ebenso wichtig und dringend notwendig, wie der Arbeitsschutz selbst. Dabei ging Dehne indirekt auf die gescheiterte Anschaffung des Hubrettungsfahrzeuges ein, die der Gemeinderat im letzten Jahr abgelehnt hat. „Wir tun was, aber das, was wir nicht getan haben, ist viel wichtiger“, so Dehne. Viele Kleinigkeiten, würden trotz klammer Kassen umgesetzt. Dazu gehöre laut Dehne auch die Entschlammung des Körbelitzer Dorfteiches, der als Löschwasserteich eine kleine Stellschraube im Gesamtkonzept darstelle.
Den Schlamm, drauf machte Dehne aufmerksam, könnten, nach dessen Ausbluten, private Bürgerinnen und Bürger, aber auch Landwirte kostenfrei nutzen.
An die Jugendfeuerwehrmitglieder gerichtete sagte er: „Jungs und Mädels macht weiter so. Eure Mitgliedschaft ist für uns eine ganz wichtige Sache, bleibt am Schlauch.“
Gemeindewehrleiter legt Finger in die gleiche Wunde
„Ich komme gern nach Körbelitz, hier herrscht eine bomben Kameradschaft. Ich wünschte, das wäre überall so“, eröffnete der Gemeindewehrleiter Dirk Jeitner seine Grußworte.
Dann aber kam er zum wichtigen Teil. Mit der neuen Ausrückeordnung würden auf alle Ortsfeuerwehren mehr Einsätze zukommen. Die Ortsfeuerwehren Möser, Lostau und Körbelitz seien aber schon jetzt die drei Wehren, von denen das meiste abverlangt würde.
Er dankte zudem der Familie Brennecke aus Schermen, die nach einem Brand ihres Eigentums, den Ortsfeuerwehren Möser, Schermen und Körbelitz nicht unerhebliche Spenden zukommen ließ. Diese Form des Dankes für das Ehrenamt habe Jeitner bisher nur zwei Mal in seiner aktiven Dienstzeit erlebt.
„Viele Menschen würden die Feuerwehren in einem anderen Licht sehen, wenn sie deren Hilfe und Einsatzbereitschaft selbst erlebt hätten“, so Jeitner, der ohne Umschweife das Thema wechselte. „Die Ausbildung in Körbelitz ist auf einem hohen Niveau, da mache ich mir keine Sorgen. Dennoch könnt ihr euch auf dem Geschaffenen nicht ausruhen.“ Auch die größte Jugendfeuerwehr in der Gemeinde sei, so Jeitner, auf einem hohen Ausbildungsstand. „Macht weiter so“, sagte er in Richtung der anwesenden Floriansjünger.
Mit den, schon zuvor auf den anderen Jahreshauptversammlungen der Ortsfeuerwehren Lostau, Möser und Hohenwarthe benannten, Planungen zur Ausbildung Digitalfunk, der Anschaffung einer Verwaltungssoftware, der Fortführung der Fahrzeug- und Löschwasserkonzepte, sowie der Neuwahl des Gemeindewehrleiters, machte er weiter.
Dann kam auch er zum Punkt der finanziellen Ausstattung der Gemeindefeuerwehr.
Jeitner verwies zunächst darauf, dass es in der Ortschaft kaum Löschwasser gäbe. Er bemängelte auch die technische Ausstattung der Ortsfeuerwehren. „Wir äußern keine Wünsche, wir fordern dringend gebrauchte Ausrüstung, um unsere Arbeit machen zu können“, sagte Jeitner und attackierte den Gemeinderat mit den Worten: „Die Gemeinderatsmitglieder liegen im warmen Nest, sind am Wochenende zuhause bei ihren Familien, wenn wir in den Einsatz fahren. Unsere Einsatzbereitschaft sollte würdig unterstützt werden, in dem zum Beispiel Fahrzeuge, Ausrüstungsgegenständige und Schutzausrüstung gekauft werden. Ich möchte nicht den Tag erleben, an dem wir an die Einsatzstelle fahren und für Leben und Sachwerte jegliche Hilfe zu spät kommt, weil an der falschen Stelle gespart wurde. Wir machen unseren Dienst nicht zum Spaß, sondern für Leben und Gut der Anderen. Darum fordern wir auch, auf dem neusten Stand der Technik zu sein. Denn letztendlich stehen wir am Ende in der Presse und in der Verantwortung, nicht der Gemeinderat.
Ortsbürgermeister verteidigt Ratsmitglieder
Körbelitz Ortsbürgermeister Eckhard Brandt wollte die, zuvor in Richtung Gemeinderat getätigten, Aussagen in seinen Grußworten nicht unkommentiert stehen lassen. Er verteidigte den Rat. „Der Gemeinderat besteht aus 20 Personen. Es gibt viele, die anders denken, als das hier vorgetragen wurde. Es sind nur wenige, die sagen: Ihr kostet zu viel. Ich jedenfalls will nicht verantwortlich sein, wenn jemandem etwas im Einsatz passiert, weil er schlecht ausgerüstet war“, so merkte Brandt an. In Bezug auf die Größe der Jugendfeuerwehr meinte er nur: „Wir können uns zurücklehnen, die Jugendarbeit ist in Körbelitz gelöst.“
Beförderungen und Ehrungen
Mit den Beförderungen und Ehrungen endete die Jahreshauptversammlung offiziell.
Beförderungen
Name, Vorname
|
Beförderung zur/zum
|
Köppe, Rüdiger |
Hauptfeuerwehrmann |
Wanderer, Mario |
Hauptlöschmeister |
Steffen, Guido |
Hauptbrandmeister |
Ehrungen
Name, Vorname
|
Ehrung |
Köppe, Rüdiger |
10 Jahre treue Dienste |
Furgber, Florian |
10 Jahre treue Dienste |
Steffen, Guido |
20 Jahre treue Dienste |
Lindecke, Steffen |
30 Jahre treue Dienste |
Schuchardt, Mathias |
30 Jahre treue Dienste |
Brandt, Andreas |
30 Jahre treue Dienste |
Steffen, Guido
|
12 Jahre OWL, Urkunde |