Gedenkstätte eingeweiht
04.05.2017
Mit bewegenden Worten wurde die Gedenkstätte Schacht Schermen eingeweiht. Vertreter aus Politik und Gesellschaft waren gekommen, um am 72. Jahrestag der Erschießung von polnischen Zwangsverschleppten, an das grausame Schicksal zu erinnern. Unter den Opfern befand sich auch ein 12-jähriges Mädchen.
Mit der Sanierung des Schachtes Schermen soll die Gedenkstätte wieder in das Bewusstsein der Region gerückt werden und Anlaufstelle für Schulen und Familien werden. Eine, von den Schachfreunden Schermen, erstellte Informationstafel, die von der Volksbank Jerichower Land finanziert wurde, gibt Aufschluss über die Hintergründe und den Ablauf der Tat.
Die Erinnerung einer Zeitzeugin, die als Schülerin an der Errichtung der Erinnerungsstätte mitgewirkt hat, machte deutlich, wie weit das Schicksal der Opfer mit unserem eigenen Schicksal verknüpft ist.
Eine Stellungnahme der Schachfreunde Schermen, sowie die Gedenkworte des Gemeindebürgermeisters und einige Bilder finden sich im Anschluss.
Pressemitteilung der Volkssolidaritätsortsgruppe Schermen, Interessensgruppe Schach Wiedereröffnung der Gedenkstätte Schacht Schermen am 3. Mai 2017
• Unmittelbar in den letzten Kriegstagen im Mai 1945 wurden in einer früheren Kiesgrube in Schermen, an dieser Stelle 10 polnische Zwangsarbeiter ermordet.
• Sowohl das 1948 errichtete Grab auf dem Schermener Friedhof als auch die Gedenkstätte Schacht sind seit 1988 in der Denkmalliste des Kreises Burg bzw. der heute gültigen Denkmalliste des LK JL enthalten.
• Dieses Verbrechen war erstmals 1975 von Schülern einer Burger Schule unter Leitung ihres Lehrers Herbert Gräb in einem Forschungsbericht aufgearbeitet worden.
Damals wurden mehrere Schermener Augenzeugen des Geschehens befragt.
• Die Gedenkstätte Schacht wurde 1985 errichtet: von Schülern der Erweiterten Oberschule „Geschwister Scholl“ in Burg, ihrem Lehrer Studienrat Klaus Möbius, dem zuständigen Oberförster Albrecht Müller sowie mit Unterstützung der Gemeinde Schermen.
• Nach dem Ausbau der Autobahn A2 im Jahr 1998 war der frühere Zugang nicht mehr vorhanden. Die in einem privaten Waldstück gelegene Gedenkstätte Schacht war nur noch schwierig erreichbar. Der Weg wucherte zu und wurde mühselig von Ehrenamtlichen und Gemeindearbeitern frei geschnitten. Nach öffentlicher Kritik, auch von außerhalb gab es einen Kampf um die Neugestaltung der Zuwegung und der Gedenkstätte.
• Die Neugestaltung der Gedenkstätte, die heute in der Zuständigkeit der Gemeinde Möser liegt, erfolgte 2016 im Rahmen eines LEADER- Projektes.
• Dieses Projekt war initiiert worden von den Schachfreunden der Schermener Ortsgruppe der Volkssolidarität. Mehrere Schermener Senioren haben sich bei der Neugestaltung von Anfang an bis zur heutigen Einweihung ehrenamtlich besonders intensiv beteiligt.
• 2016 / 17 erfolgte auf Veranlassung der Gemeinde Möser die gärtnerische Neugestaltung des unmittelbaren Umfeldes der Gedenkstätte durch die Gärtnerei Bruchmüller in Möser. Neue Bänke wurden aufgestellt, ein Schaukasten angebracht, der Weg ordentlich frei geschnitten, Handlauf und Barriere zum gefahrlosen Betreten vom Bauhof der Gemeinde angebracht.
• Von einer kleinen Gruppe (Dr. Ritter, Manfred Wucherpfennig, Klaus Möbius, Roland Stauf) wurde eine Schautafel selbst gestaltet, auf der die wichtigsten Fakten zu dem damals hier verübten Verbrechen zusammengestellt sind. Die Entstehung der Gedenkstätte und deren mittlerweile 32jährige Geschichte sind ebenfalls dargestellt. Diese Schautafel wurde am heutigen Tag enthüllt.
• In Vorbereitung der Gestaltung der Schautafel wurden umfangreiche Recherchen zum Kriegsende in Schermen, zum Tatablauf und zur weiteren Geschichte unter Verwendung von heute zugänglichen Veröffentlichungen, Informationen und Dokumenten durchgeführt. Mit noch lebenden Zeitzeugen wurden weitere Gespräche geführt. Alle diese Tätigkeiten erfolgten ehrenamtlich und unentgeltlich.
• Die wetterfeste Schautafel wurde dankenswerterweise mit Unterstützung der Volksbank JL angefertigt, ebenso die Beschilderung am Eingang von der Straße Karlshof bis zur Gedenkstätte. Damit ist der durch ein privates Waldstück führende Weg eindeutig beschildert.
• Aufwand (Gesamtrechnung):
o Die Gedenkstätte Schacht wurde von der Gemeinde Möser mit einem Aufwand von ca. 9.500 Euro finanziellen und materiellen Leistungen wieder hergerichtet. Die Gedenkstätte wurde von der Fa. Bruchmüller gärtnerisch hergerichtet. Bänke und ein Schaukasten wurden neu aufgestellt, die Zuwegung frei geschnitten, Handläufe zum sicheren Begehen angebracht.
o Durch eine Spende der Volksbank Jerichower Land in Höhe von 1.000 Euro konnte eine Schautafel für den Schaukasten angefertigt werden und die Hinweisschilder zur Gedenkstätte erneuert werden.
o Durch Frau Marianne Wilz von der Fa. Bruchmüller wird seit 2015 das Grab auf dem Friedhof unentgeltlich gepflegt.
o Durch ehrenamtliche Tätigkeiten von Senioren der Volkssolidarität und weiteren engagierten Helfern wurden Leistungen von insgesamt über 16.000 Euro unentgeltlich erbracht.
• Die Gedenkstätte wurde heute zum zweiten Male eröffnet:
Den Toten zum Gedenken – den Lebenden zur Mahnung, niemals wieder solche Verbrechen zuzulassen.
• Die an der Neugestaltung Beteiligten wünschen sich, daß diese Gedenkstätte künftig größere Beachtung im Landkreis, vor allem auch bei den Schulen findet.
Gedenkworte des Gemeindebürgermeisters Bernd Köppen:
Erinnerungen sind das Gerüst an dem nachfolgende Generationen Halt für ihr Handeln finden.
Mahnungen sind die Stärke, Geschehenes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Gedenken ist die Form vergangenes Leid als Lehre zu begreifen.
Das ist hier an der Gedenkstätte „Schacht Schermen“ verwirklicht worden.
Das Gerüst war gestellt, der Mut vorhanden, das Gedenken kann nun folgen.
An das ehrenamtlichen Engagement der Errichter dieser Erinnerungs- und Gedenkstätte wurde sich erinnert, ihrem Beispiel wurde durch Mitglieder der Schachgruppe , als Teil der Volkssolidaritätsgruppe Schermen gefolgt, von der Gemeinde aufgegriffen und so können wir heute hier stehen, um zu erkennen, dass Kriege, Hass und Gewalt immer auch Leid, Trauer und Tod bedeuten.
Nun sind wir, die Nachkriegsgenerationen, zu der auch ich zähle, von dem Wirken eines Krieges in unserem Lebensumfeld verschont geblieben. Darüber können wir, die heute das gesellschaftliche Bild beeinflussen und bestimmen, nur dankbar sein.
Damit aber auch unsere Kinder und Kindeskinder den Frieden nicht als Selbstverständlichkeit betrachten, das Miteinander der Kulturen, Religionen und Völker als Grundstein für den Frieden achten und mitgestalten, sind Stätten wie diese, an denen, an früheres Leid erinnert wird, unumgänglich.
An einer solchen Stätte der Erinnerung stehen wir hier und haben damit auch gemeinsam die Verantwortung, mitzuwirken, dass Frieden für uns und die nachfolgenden Generationen ist und bleibt.
Mit der Sanierung des „Schachtes Schermen“ wurde der Weg geebnet, unseren Kindern und Schülern einen Ort zu geben, an dem sie der Geschichte ihrer Heimatregion begegnen können, auch mit all ihren schrecklichen Details. Dieser Ort soll mahnen und Mut stiften, nämlich dann für Frieden einzustehen, wenn andere ihn bedrohen.
Und so hoffe ich, dass sich in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren hier viele Schulklassen versammeln werden, um zu lernen, was es heißt, friedlich miteinander zu leben. Um zu erkennen, dass Hass und Gewalt eine Spirale sind, an deren Ende nur der dunkle, schwarze Tod steht. Und so hoffe ich, dass diese Gedenkstätte dazu dienen wird, zu trauern, zu gedenken und zu begreifen. Dafür hat sich jeder Aufwand gelohnt.
Niemals soll vergessen werden!
Vielen Dank!