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Eine Reise in die Vergangenheit

10.08.2016

Titelbild zum News-Artikel Eine Reise in die Vergangenheit

Lostau <cdl>. Was sich der Heimatverein Lostau da wieder hat einfallen lassen! Mit einer nachgestellten Bauernhochzeit, wie im frühen 20 Jahrhundert üblich, und einer Fotoausstellung mit Hochzeitsbildern aus sechs Jahrzehnten begeisterten die Mitwirkenden alle Besucher*innen.
Wissen Sie, wie Bauern vor 100 Jahren Hochzeit auf dem Lande feierten, welche Traditionen, Bräuche und Kleiderordnungen oder auch Benimmregeln es in Gesellschaft gab? Falls nicht, ist das auch nicht weiter schlimm. Mode und Gesellschaften ändern sich und damit auch die oben genannten Elemente. Wer allerdings seine Neugierig befriedigen und sehen wollte wie das damals so war, der hatte am vergangenen Wochenende in Lostau reichlich Gelegenheit, alles en détail zu studieren und zu bestaunen. Angefangen von der Trauung, über die Menüfolge, bis hin zum Tanz. Das Rollenspiel in historischer Kleidung wurde von zwanzig Laiendarstellern aufgeführt und, ähnlich einer richtigen Hochzeit, wurde an nichts gespart. Damit erfüllte sich der Heimatverein Lostau quasi selbst einen Wunsch. Mit der Eröffnung der Heimatstube war es nämlich das stete Anliegen der Heimatvereinsmitglieder, die Geschichte nicht nur in leblosen Gegenständen zu präsentieren, sondern diese erlebbar zu machen. Die Idee, eine Bauernhochzeit wie anno dazumal als Rahmen für dieses Ziel zu verwenden, stieß bei allen Vereinsmitgliedern auf sofortige Zustimmung, so verriet es Heike Grodde, die als Moderatorin durch die gesamten drei Stunden Programm führte, in dem das Wirken der Hochzeitsgesellschaft bei Tische und auf dem Parkett dargestellt wurde. Es war wirklich an alles gedacht, sogar an den Pfarrer, der von Georg Leske gespielt wurde. Auch der Umzug durch das Dorf durfte nicht fehlen und ebenso wenig die frechen Buben, die der Hochzeitsgesellschaft den Weg auf raffinierte Weise versperrten und den Bräutigam nötigten, den Weg frei zu kaufen. Auf dem großen Festhof, auf dem auch die Hochzeitstafel aufgebaut war, musste das Brautpaar, welches von Eva und Michael Grahn verkörpert wurde, zeigen, dass sie gemeinsam alles erreichen können.

Hierfür legten sie kräftig Hand an die stumpfe Schrotsäge und ließen den Sägebock beim Zersägen eines Stammes ganz schön wackeln. Die restliche Hochzeitsgesellschaft wartete derweil brav und ohne Beifall darauf, dass das Brautpaar diese Aufgabe löst. An der großen Hochzeitstafel nutzten einige Hochzeitsgäste die Gelegenheit für ein paar kurze Sätze, dann wurde auch schon die echte Hochzeitssuppe serviert, die natürlich auch von den übrigen Gästen aus dem 21. Jahrhundert verkostet werden konnte. Während der Vorspeise nutzten die Besucherinnen und Besucher die Gelegenheit, sich eine Hochzeitsausstellung im Ortsgemeinschaftshaus anzusehen. Marlies Getzlaff hatte im Vorfeld unzählige Hochzeitsbilder aus Lostau zusammengetragen, 85 Bilder davon fanden sich nun neben Hochzeitskleidern und anderen Hochzeitsutensilien in dieser Ausstellung wieder. Auch der Ablauf einer Bauernhochzeit wurde hier bebildert erklärt. Draußen folgte nach dem Essen der Aufritt einer ganz besonderen Dame. Eine verschmähte Liebe, gespielt von Lia Wünsch, kam mit verwelktem Rosenstrauch, einem Packen Liebesbriefe und einem Zahn des Bräutigams vorbei und wollte dem Brautpaar alles Gute wünschen. Gesittet, wie damals üblich, nahm es die Braut zur Kenntnis, ohne ihrem Mann eine Szene zu machen. Die Scheidungsrate im Jahr 1900 lag nämlich bei gerade einmal drei Prozent, gab Heike Grodde bekannt. Zum Vergleich 2003 ließen sich 55,9 Prozent der Ehepaare scheiden. Doch zurück in die Vergangenheit. Hier gab es bereits Bräuche, die wir auch heute noch kennen - das Anschneiden der Hochzeitstorte zum Beispiel. Weniger bekannt ist dafür bei uns heute der Brauch des Brautkannereitens und sicher haben auch noch nicht viele gewusst, dass schon zu Römerzeiten Ringe bei der Hochzeit getauscht wurden. Der Heimatverein blieb allerdings im frühen 19. Jahrhundert mit seiner Darstellung. Damals kamen die ersten Fotoapparate auf und die Möglichkeit, Erinnerung im Bild festzuhalten, wurde auch von vielen Hochzeitsgesellschaften genutzt. Das war auch in Lostau nicht anders. Einmal die Hochzeitstafel verlassen, war das die Gelegenheit für den Bräutigam, seine Braut zum Tanz zu bitten. Wenig später schloss sich die gesamte Hochzeitsgesellschaft an und half dabei, den Brautschleier abzutanzen. So endete die Bauernhochzeit fröhlich bei klassischer Musik und einem Stück Cremetorte.